Basale Stimulation®
Kleiner Einblick in die Grundlagen
1. Begriffsbestimmung
Bei der "Basalen Stimulation" handelt es sich um ein heilpädagogisches und pflegerisches Konzept. Dabei bezieht sich der Teilbegriff "basal" auf die dem Menschen und seinem Organismus eigenen Grundfähigkeiten der Wahrnehmung - einerseits des eigenen Körpers (innere Regungen und Bewegungen) - andrerseits dieses Körpers im Bezug zum ihn umgebenden Raum (Lage, Aussenreize). Der Teilbegriff "Stimulation" meint eine nicht fordernde Kommunikationsform durch körperliche Anregung und individuelles Ansprechen. Basale Stimulation wird also nicht am betroffenen Menschen, sondern mit ihm gestaltet; sie orientiert sich an dessen individueller Normalität.
2. zur Entstehungsgeschichte
Das Konzept der "Basalen Stimulation" wurde in den 1970er-Jahren vom Heilpädagogen und Psychologen A. Fröhlich als Bestandteil der sonderpädagogischen Bildungsarbeit entwickelt. Dabei ging es primär um die Erweiterung der Kommunikation mit schwerstbehinderten Menschen über die Körperwahrnehmung. Ende der 1980er-Jahre erweiterte dann die Dozentin für Krankenpflege Ch. Bienstein in Zusammenarbeit mit A. Fröhlich für die Bedürfnisse der Pflege, in erster Linie von Schwerkranken.
3. zu den Grundlagen
A. Fröhlich ging davon aus, dass sozusagen der Bodensatz der menschlichen Persönlichkeitsentwicklung, dass der Beginn der Ich-Identität zuerst eine körperliche Identität sei. Die Erfahrung der Körperlichkeit aufgrund der Fähigkeit zur Wahrnehmung von Bewegung und Reizen wird zum Ausgangspunkt der neuronalen Venetzung im zentralen Nervensystem und damit zur Entwicklung einer unverwechselbaren Individualität. Gefühlsmässige Sicherheit und Vertrauen entstehen durch Haut- und Körperkontakt. Erstere bildet eine wesentliche Voraussetzung der verbalen und der nonverbalen Kommunikationsfähigkeit. Behinderte, komatöse oder demente Menschen sind oft nicht in der Lage, den skizzierten Entwicklungsprozess eigenständig in Gang zu bringen. Durch die Einschränkung ihrer Fähikeiten sich zu bewegen, innere und äussere Reize zu verarbeiten oder auf veränderte Umstände sich sinnvoll einzustellen, geraten sie in die Abwärtsspirale der negativen Gewöhnung und damit zum Abbau ihrer senso-motorischen und geistigen Fakultäten.
4. zu den Anwendungen in der Pflege
Es geht um "die Ansprache der/des Nichtansprechbaren" vorallem auf körperlicher Ebene durch eindeutige und strukturierte Angebote innerhalb des alltäglichen Pflegeablaufes. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass die nonverbalen Äusserungen des Patienten verstanden und von den Pflegenden respektvoll beantwortet werden. Die Angebote können nur wirksam sein, wenn sie den Zielen, der momentanen Befindlichkeit und den aktuellen Bedürfnissen der Betroffenen entsprechen: zB Entwicklung erfahren, Sicherheit erleben, Vertrauen aufbauen, Beziehung, Eindrücke aufnehmen, Autonomie aufbauen, Sinn und Bedeutung verstehen, etc.
Die möglichen Zugangswege sind durch die verschiedenen Dimensionen der sinnlichen Wahrnehmung gegeben:
Die Körperwahrnehmung, der entwicklungsgeschichtlich ältesten Sinnesdimensionen
- Oberflächensensibilität der Haut, Schicht der Abgrenzung von und der Angrenzung an die Umgebung
- Tiefensensibilität des Bewegungssystems, Perzeption von Eigenbewegungen und Vibration
- Gleichgewichtssinn, Perzeption von Lage und Bewegung im umgebenden Raum
Die sechs Umgebungssinne der entwicklungsgeschichtlich späteren Phasen
- Hören (auditiv), Erkundung durch den Mund (oral), Schmecken (gustatorisch), Riechen (olfaktorisch), Tasten und Greifen (taktil-haptisch) und Sehen (visuell)
Steht das pflegerische Angebot an den Patienten mit seinen bisherigen positiven Erfahrungen in einem Zusammenhang, kann es ihn oft erstaunlich wirkungsvoll ansprechen, seine vorhandenen Fähigkeiten stimulieren. Weitere Informationen zu konkreten Anwendungsformen der Basalen Stimulation wollen Sie bitte der einschlägigen Literatur entnehmen: unten zwei Hinweise.
Das Konzept Bewegtes «Lagern» Positionsunterstützung nach Klein baut zwar in erster Linie auf den Grundsätzen der Kinästhetik auf, bezieht aber die Einsichten der Basalen Stimulation beispielsweise bei der Wahl geeigneter Materialien für die Hilfsmittel (Formgebung, Füllmaterial, stoffliche Beschaffenheit und Farbigkeit der Überzüge,) und bei der bewussten Gestaltung der Berührungen im Ablauf der Pflegehandlung mit ein. Beide Konzepte zeigen von der Grundorientierung her starke Verwandtschaft.
5. Weiterführende Literatur zur Basalen Stimulation:
1. Christel Bienstein:
Basale Stimulation in der Pflege
150 Seiten, 1996, Verlag Selbstbestimmtes Leben (Düsseldorf)
2. Lothar Pickenhain:
Basale Stimulation - Neurowissenschaftliche Grundlagen
150 Seiten, 1998, Verlag Selbstbestimmtes Leben ISBN 3-910095-32-1